Dienstag, 17. Juni 2014

Beruf Erzieher/in: Der lange Weg vom „besser vorgebildeten Element“ zur qualifizierten pädagogischen Fachkraft.

Es ist gerade mal hundert Jahre her, als sich in Österreich das Unterrichtsministerium mit der Frage beschäftigte, ob die bestehenden einjährigen Lehrkurse zur „Qualifizierung“ zur Kindergärtnerin auf zwei Jahre erweitert werden sollten. Das Ziel war, auf diese Weise „besser vorgebildete Elemente zur praktischen Mitwirkung an der Erziehung im Kindergarten“ (Quelle: Die Presse.com/Zeitreise, Datum: 16.06.1914)) zu gewinnen.

Allein die Wortwahl zeigt, welchen Stellenwert die Öffentlichkeit diesem Beruf damals zumaß. Bei uns in Deutschland wird das Denken auch nicht anders gewesen sein.

Noch heute sieht die Öffentlichkeit in der Erzieherin eine Person, die nichts zu tun hat, als den ganzen Tag mit den Kindern zu spielen. Zwischendurch trinkt sie gemütlich ihren Kaffee und sitzt dabei entspannt auf einer Bank im Garten.

Mit Kindern spielen: Die Erzieherin versteht Ihr Kind

Klar spielt sie mit den Kindern: das ist ihr Job. Doch eine Erzieherin, die ihren Beruf versteht, spielt nicht einfach so, sondern weil der Jan nur dann spricht, wenn er sich mit Autos beschäftigt. Sie lockt ihn aus der Reserve, indem sie sich zu ihm auf den Boden setzt und ebenfalls Autos herumschiebt. Die Svenja hat gleichfalls ein Problem mit der Sprache. Sie liebt Rollenspiele. Auch hier versucht die Erzieherin dem Kind Sprachanreize zu geben, wenn sie mitspielt. Der Leo haut am liebsten kleinere Kinder. Für ihn hält die Erzieherin Tobespiele bereit, bei denen er seine überschüssige Energie in andere Bahnen lenken kann. Die Erzieherin fördert, motiviert, tröstet und gibt Hilfestellungen.

Das Spiel als pädagogische Handlung


Ja klar, die Erzieherin spielt mit den Kindern, aber in der Regel ist jede ihrer scheinbar so spielerischen Handlungen pädagogisch motiviert. Nebenbei muss sie für jedes Kind Dokumentationen führen, Lerngeschichten schreiben und Elterngespräche vorbereiten. Gleichzeitig soll sie wissen, welches Kind eine Allergie hat, wer auf gar keinen Fall Karotten essen darf und wer grundsätzlich zu wenig trinkt. Zur Abholzeit soll sie außerdem darüber Auskunft geben können, wo das Kind seine Hausschuhe versteckt hat, weshalb die Jacke von Luca nicht auffindbar ist und warum Marie auf einmal rosa Söckchen trägt, obwohl die Mutter ihr morgens rote angezogen hat. Oft genug lösen sich solche Vorfälle schnell und unkompliziert in Wohlgefallen auf, da die sich die Hausschuhe nur an einem anderen Platz befinden, Luca schon ohne Jacke in den Kindergarten gekommen ist und die Mutter von Marie die Tage vertauscht und am Tag vorher ihrer Tochter die roten Socken angezogen hat.

Erzieher sind Allrounder

Ja, eine Erzieherin spielt mit den Kindern, aber sie ist es auch, die in jeder Situation den Überblick bewahren muss. Sie benötigt dafür Nerven aus Stahlseil. Im alltäglichen Kindergartenleben sieht das Spiel nur von außen so idyllisch aus. In Wirklichkeit kommt es unter den Kindern immer wieder zu Rangeleien, Streitereien und auch Handgreiflichkeiten. Dazu machen 25 Kinder in einer Gruppe einen Lärm, der dem eines Presslufthammers ziemlich nahekommt. Je nach Kindergarten und Kindern, gerät eine Erzieherin oftmals mehrmals am Tag bis an die Grenze ihrer Belastungsfähigkeit. Insbesondere Erzieher, die in den sogenannten Ballungsräumen arbeiten, können ein Lied davon singen.

Ausbildungszeiten als Erzieher/in



Inzwischen umfasst die Ausbildungszeit zur Erzieherin fünf Jahre. Auf eine zweijährige praktische Vorbereitungszeit, folgen zwei Jahre Schulausbildung und daran schließt sich ein einjähriges Anerkennungsjahr an. Erst danach – das Bestehen der entsprechenden Prüfungen vorausgesetzt – darf sie sich „Staatlich anerkannte Erzieherin“ nennen. 

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