Eine Geschichte zu St. Martin
St. Martin ist der Tag, an dem unsere Kinder alljährlich mit selbst gebastelten Laternen durch die abendliche Dunkelheit ziehen und Laternenlieder singen. In Kindergärten hat St. Martin Hochkonjunktur. Natürlich sind dabei auch die Eltern gefragt. Sie begleiten ihre Kinder bei dem nächtlichen Spaziergang und stimmen in die Lieder nach Herzenslust mit ein. Zu Hause lieben es die lieben Kleinen, wenn Mama, oder Papa eine Geschichte dazu vorlesen. Deshalb habe ich für Sie eine aufgeschrieben:
Die Martinsbrezel
Martin strahlte, als die Erzieherin die Geschichte von St.
Martin erzählte. Ein großer gewaltiger Held auf einem schneeweißen Hengst.
Dabei hatte dieser große Mann ein ganz weiches Herz. Er war gütig, dieser Mann
– und lieb und nett, das hatte die Erzieherin erzählt. So wollte Martin auch
werden. Nicht umsonst war St. Martin sein Namenspatron.
Als die Mama ihn später im Kindergarten abholte, konnte er
gar nichts mehr anderes denken, als an das bevorstehende St-Martins-Fest.
„Wann gehen wir los?“, quengelte Martin und war noch nicht
mal richtig daheim. „Erst wenn es dunkel ist“, erklärte die Mama. „Sonst sieht
doch keiner was wir für schöne Laternen haben.“
Ach ja richtig, die Laternen. Die waren wichtig, sie hatten
schließlich lange daran gebastelt. Doch wann war es endlich dunkel? „Wir können
ja noch ein wenig die Lieder üben“, schlug die Mama vor. Gute Idee. Sie sangen
bis sie heiser waren.
Dann wurde es allmählich dämmrig. „Es ist soweit“. Die Mama
holte die Jacke. Martin schlüpfte aufgeregt hinein. Schnell noch in die Schuhe.
Wenn nur die doofen Bänder nicht wären. Aber Mama half ihm. Dann ging’s auch
schon nach draußen. Zwei Straßen weiter zum Kindergarten. Dort versammelten
sich die Kinder samt den Erziehern. Alle hatten ihre Laternen mitgebracht. Auch
Martin. Aufgeregt trat er von einem Bein aufs andere. Dann ging es endlich los.
Der Zug setzte sich in Bewegung. „St. Martin ritt durch Schnee und Wind…“,
sangen die Kinder und „Ich geh mit meiner Laterne…“ Die Lieder klangen fröhlich
durch die dunklen Gassen. Dann kamen sie an einen weiten Platz. Martin staunte.
„Schau mal…“ Vor lauter Aufregung brachte er den Satz nicht zu Ende. Dort saß
auf einem weißen Schimmel St. Martin höchstpersönlich.
Die Kinder stellten sich im Kreis auf und sangen noch einmal
ein Martinslied. St. Martin nickte huldvoll vom Pferd und Martin war es, als
würde er nur ihn ansehen. Am liebsten wäre er zu ihm auf das Pferd geklettert.
Doch die Mutter hielt ihn zurück. Eine Erzieherin erzählte die
St-Martins-Geschichte. Danach verteilte der St. Martin an jedes Kind eine
Martinsbrezel. Andächtig hielt Martin seine Breze in der Hand. Doch einigen
Kindern ging die Verteilung nicht schnell genug und sie drängten nach
vorne. Dabei verlor ein anderes Kind
seine Breze, die im dichten Gedränge schnell in den Staub getreten wurde. Die
kleine Lisa fing heftig an zu weinen und ließ sich auch von ihrer Mutter nicht
trösten. „Meine Breze, meine Breze!“, heulte sie.
In diesem Augenblick fiel Martin ein, was der St. Martin
getan hatte. Nämlich seinen Mantel geteilt. Er warf einen sehnsüchtigen Blick
auf seine Breze. Doch dann brach er sie entzwei und gab die Hälfte der
weinenden Lisa. Sie hörte sofort mit dem Weinen auf. Vorsichtig schaute sie auf
die Breze. „Nimm schon“, forderte Martin sie auf. Da strahlte Lisa wieder und
biss herzhaft in die Brezel.
Ingrid Neufeld
Ingrid Neufeld
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen